Gottesdienst, 2. Advent, 07.12.2025
Lied: EG 16, 1.4.5 Die Nacht ist vorgedrungen
Votum: Im Namen des Vaters…
Gem.: Amen
Psalm 27 (EG 714 im Wechsel)
Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?
Der HERR ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?
Eines bitte ich vom HERRN, das hätte ich gerne: dass ich im Hause des HERRN bleiben könne mein Leben lang,
zu schauen die schönen Gottesdienste des HERRN und seinen Tempel zu betrachten.
Denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes und erhöht mich auf einen Felsen.
HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich!
Mein Herz hält dir vor dein Wort: »Ihr sollt mein Antlitz suchen.« Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz.
Verbirg dein Antlitz nicht vor mir, verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!
Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil
Denn mein Vater und meine Mutter verlassen mich, aber HERR nimmt mich auf.
Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte des HERRN im Lande der Lebendigen.
Harre des HERRN! Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!
Gebet
Biblische Zitate aus Jesaja zum Lied: „O Heiland, reiß die Himmel auf“
Jesaja 63,19: „Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen“ (Strophe 1)
Jesaja 45,8: Träufelt, ihr Himmel, von oben, und ihr Wolken, regnet Gerechtigkeit! Die Erde tue sich auf und bringe Heil, und Gerechtigkeit wachse mit auf! Ich, der Herr, erschaffe es.“ (Strophe 2)
Jesaja 11,1: „Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.“ (Strophe 3)
Jesaja 60,2-3: „Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.“ (Strophe 5)
Lied: EG 7, 1-7 O Heiland, reiß die Himmel auf
Predigt
Liebe Gemeinde,
heute steht einmal ein Liederdichter mit einem seiner bekanntesten Lieder im Mittelpunkt. Denn oft transportieren Liedtexte biblische Wahrheiten und verarbeiten auch Zeitgeschichte. Friedrich Spee von Langenfeld wurde 1591 in Kaiserswerth bei Düsseldorf geboren. Gegen den Willen seiner Eltern trat er 1610 in den Jesuitenorden ein und studierte Theologie und lehrte 1623–1626 als Dozent an der Jesuiten-Universität in Paderborn und war dort auch Domprediger. 1628 übernahm er von seinem Orden den Auftrag, in Peine die Rekatholisierung der Region voranzutreiben.
Ob diese Zeit bereits einen stärkeren Einfluss auf seine Überzeugungen hatte, oder der Tod seiner Schwägerin, die als Hexe verbrannt wurde, bleibt offen. Jedenfalls bekam er 1631 seine Professur in Paderborn zeitweilig entzogen, da er sich kritisch zur Folter als Mittel zur Wahrheitsfindung äußerte und hinterfragte, ob die Frauen, die durch Folter ein Geständnis abgelegt hatten, nicht doch unschuldig seien. Er verlor endgültig die Lehrerlaubnis, und es drohte ihm der Ausschluss aus dem Orden.
Ob er selbst als Seelsorger die als Hexen zum Tode verurteilten Frauen seelsorgerlich begleitete, ist umstritten. Aber seine anonym verfasste Schrift „cautio criminalis“ bereitete den Weg zur späteren Abschaffung der Hexenprozesse. Ebenfalls anonym wurde sein Werk „Trutznachtigall“, eine Sammlung von lyrischen Gedichten, postum veröffentlicht. Auch seine Kirchenlieder, von denen wir heute drei singen, hat er anonym veröffentlicht.
Die Deutung des Liedes „O Heiland, reiß die Himmel auf“ lässt sich einerseits als Vertonung der bildreichen und emotional aufgeladenen Prophetien von Jesaja zeitlos interpretieren, wobei das Leiden in diesem „Jammertal“ und der Aufschrei dagegen zu Gott hin hervorgehoben wird: „O Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein“. Die ersten beiden Strophen des Liedes wurden sogar konkret auf die schrecklichen Leiden der als Hexen verbrannten Frauen gedeutet: „Reiß ab, wo Schloß und Riegel für“ als Befreiung aus den Gefängnissen und die Bitte: „Ihr Wolken brecht und regnet aus“ als Löschen der Hexenfeuer.
Dies wird aber der Gedankenführung des Liedes nicht gerecht. Denn in der 1. Strophe geht es um die Schlösser und Riegel im Himmel. Und der Tau und Regen bezieht sich auf den herbeigesehnten Retter aus der Not, auf Jesus. Das bestätigt auch die dritte Strophe, da der „Zweig aus der Wurzel Isais“ (Isai war der Vater von König David, aus dessen Geschlecht der Retter Israels hervorgehen sollte), nämlich Jesus, der mit seinem zweiten „Kommen“ das Ende dieser Welt und damit das Ende von Leid und Not herbeiführen wird. In Form einer Klage fleht Spee eindringlich zu Gott, endlich die Seinen „mit starker Hand vom Elend bis ins Vaterland“, also in Gottes ewiges Reich zu führen.
Dieser Schluss war für ein Kirchenlied wohl zu wenig hoffnungsvoll, sodass David Gregor Corner später eine 7. Strophe anfügte, wodurch das Lied mit „Lob und Dank“ abschloss. Aus dieser endzeitlichen Perspektive wird das eigentliche Motiv von Friedrich Spee deutlich. Es geht nicht um eine Abschaffung ungerechter und grausamer Verhältnisse. Das entspricht eher unserem Denken heute. Vielmehr hebt der Verfasser ähnlich wie Johannes in seiner Offenbarung die Ausweglosigkeit in dieser Welt im Gegensatz zu Gottes ewiger Welt hervor, wodurch ein starker Kontrast entsteht.
Das wird durch die Gegensatzpaare Hoffnung, Trost contra Not, Jammertal, Licht contra Finsternis, Leben (Frühling in Strophe 3 angedeutet) contra Tod hervorgehoben. Damit soll der starre Blick auf die gegenwärtigen Verhältnisse überwunden und auf den Horizont des kommenden, noch unsichtbaren Gottesreiches gelenkt werden, wie es der Wochenspruch aus Lukas 21, 28 bildhaft ähnlich formuliert: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ So gesehen will Friedrich Spee trösten und aufrichten, quasi nicht „den Kopf hängen“ zu lassen, sondern den Blick über das gegenwärtige Elend hinweg auf den Horizont des wiederkommenden Jesus, auf Gottes ewiges Reich zu lenken.
Seine kritischen Äußerungen in Bezug auf die Folter bei den Hexenprozessen machen aber auch deutlich, dass es ihm nicht einfach um eine „Jenseitsvertröstung“ geht, die sich von dieser Welt abwendet. Man könnte es so ausdrücken, dass Spee dazu auffordert, trotz des Elends dieser Welt das Ziel, auf die die ganze Welt zuläuft, nicht zu vergessen und eben nicht zu resignieren. Ähnlich wie Johannes, der die Offenbarung in einer Zeit schlimmer Christenverfolgung schrieb, werden eben nicht die Verhältnisse so für immer bleiben, wie sie gerade sind, sondern vom Ende her rückwärts gedacht, eröffnet sich wieder eine Perspektive für das eigene Leben trotz großer Widrigkeiten.
So gesehen ist sein Lied auch heute aktuell und mahnt uns, nicht auf die eigene Ohnmacht gegenüber den Mächtigen und Skrupellosen dieser Welt fixiert zu sein, sondern vom Ende her Jesus als den zu erkennen, der uns entgegenkommt und uns einmal ins Recht gegenüber diesem Unrecht setzen wird. Gerade darum ist es wichtig, in seinen Bemühungen nicht nachzulassen, gegen Unrecht und für das Gute zu kämpfen, obwohl es wenig erfolgversprechend ist. Seine starke, emotionale Bindung an den Retter Jesus wird offensichtlich in dem folgenden Lied: Zu Bethlehem geboren.
Das Lied ist getragen von einem tiefen, kindlichen Glauben , der aber nicht naiv die Realität übergeht, sondern weiter blickt als die sogenannten Realisten, die das, was sie sehen und begreifen können, als letzte Wirklichkeit annehmen.
Lied: EG 32, 1-4 Zu Bethlehem geboren
Fürbitten
Vaterunser
Lied: EG 538, 1.3.6.8 Vom Himmel hoch, o Engel kommt
Segen
Gem.: Amen, Amen, Amen
