Gottesdienst zum Reformationstag
Begrüßung mit Wochenspruch aus Micha 6,8:
„Es ist dir gesagt, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“
Lied: EG 124, 1-3 Nun bitten wir den Heiligen Geist
Votum: Im Namen des Vaters…
Gem.: Amen
Psalm 51 (EG 727 im Wechsel)
Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit.
Wasche mich rein von meiner Missetat, und reinige mich von meiner Sünde;
denn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir.
An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan,
auf dass du recht behaltest in deinen Worten und rein dastehst, wenn du richtest.
Siehe, dir gefällt Wahrheit, die im Verborgenen liegt, und im Geheimen tust du mir Weisheit kund. Lass mich hören Freude und Wonne, dass die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast.
Verbirg dein Antlitz vor meinen Sünden, und tilge alle meine Missetat.
Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.
Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir.
Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.
Kommt, lasst uns den Herrn anbeten!
Gem.: Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen
Schuldbekenntnis: Vergib uns unsere Schuld
Gem.: Herr, erbarme dich. Christe, erbarme dich. Herr, erbarm dich über uns
Gnadenzuspruch: … Ehre sei dir, o Herr!
Gem.: Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen.
Salutatio: Der Herr sei mit euch
Gem.: Und mit deinem Geist
Kollektengebet: …zu Ewigkeit!
Gem.: Amen
Schriftlesung aus Römerbrief 3, 21-28
Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollen, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt zur Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit der Geduld Gottes, um nun, in dieser Zeit, seine Gerechtigkeit zu erweisen, auf dass er allein gerecht sei und gerecht mache den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.
Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren!
Gem.: Halleluja, halleluja, halleluja!
Glaubensbekenntnis
Lied: EG 362, 1-3 Ein feste Burg ist unser Gott
Predigt
Liebe Gemeinde,
in der Konfistunde diese Woche habe ich gefragt, wer weiß, was am 31. Oktober gefeiert wird, und ich war überrascht, dass eine sofort „Reformationstag“ sagte, und drei weitere (bei insgesamt 6 Konfis) nach etwas Vorlauf es erläutern konnten.
Sie hatten in der Schule vom Ablasshandel der damaligen, katholischen Kirche gehört, und wussten, dass Luther strikt gegen die Vorstellung eines Freikaufs der Seelen aus dem Fegefeuer war. Ich habe dann etwas ausgeholt, und den Konfis die Angstmacherei zu der damaligen Zeit an der Person Martin Luther selbst nahegebracht, der Mönch wurde, weil in seiner Nähe ein Blitz eingeschlagen war. Er hatte große Angst, dem strengen Richtergott, an den er damals glaubte, unvorbereitet gegenüberzutreten.
Darum versuchte er, der frömmste aller Augustinermönche damals in Erfurt zu werden. Aber je mehr er sich bemühte, um so aussichtsloser erschienen ihm seine Bemühungen. Denn er scheiterte immer wieder an sich selbst, und er begann wütend auf einen Gott zu werden, der den Menschen gefangen in seinen Sünden am Ende mit Fegefeuer oder gar Hölle bestraft. Der Ablasshandel erweckte den Eindruck, man könne sich daraus freikaufen mit Geld oder mit guten Taten.
In dieser für ihn verzweifelten Lage las er die etwas schwer verständliche Bibelstelle des Paulus aus dem Römerbrief, Kapitel 3, und das veränderte alles. Denn er erkannte, dass Gott nicht die Menschen nach ihren Taten einschätzt, wie es ein Richter vor Gericht tut, sondern Gott schickt seinen Sohn Jesus in diese Welt, der unter Einsatz seines Lebens die Menschen wieder aus ihrer selbstverschuldeten Gottesferne zurückholt in Gottes ewiges Reich, und zwar aus reiner Gnade, d.h. letztlich, weil er sie liebt und alles für sie tun möchte.
Und so wandelt sich bei ihm das Bild vom strengen Richtergott in das des liebenden Vatergottes, den Jesus „Papa“ nennt. Die Bibel, die für ihn vorher voll von Geschichten menschlichen Scheiterns waren, veränderten sich in Geschichten, wo Gott den Menschen trotz seiner Fehler und Schwächen zum Guten gebrauchen kann. Die Bibel wird für ihn zu einem „Liebesbrief Gottes“ an die Menschen.
Darum müht er sich, durch seine Bibelübersetzung und Schriften, diese neugewonnene Sicht den Menschen der damaligen Zeit möglichst verständlich nahezubringen, was der auf Unterwerfung ausgerichteten, katholischen Kirche und nicht zuletzt dem Papst als Aufruhr oder „Ketzerei“, wie es damals genannt wurde, vorkam. Die Abspaltung der entstehenden, evangelischen Kirche von der katholischen, was Luther ursprünglich gar nicht wollte, war ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr abzuwenden, wenn man diese grundlegende, biblische Erkenntnis, die evangelischerseits als „Rechtfertigungslehre“ bekannt wurde, nicht verraten wollte.
Ob dieser Streit aus heutiger Sicht so eskaliert wäre, wie es damals der Fall war, ist zu bezweifeln, wobei Martin Luther in seiner polarisierenden Art auch seinen Anteil daran hatte. In der gehörten Übersetzung des entscheidenden Abschnittes aus Römer 3 stellt Paulus zunächst fest, dass ausnahmslos „alle Menschen Sünder“ sind. Es gibt keinen eigenen Weg über ein vermeintlich moralisch perfektes Leben zu Gott, und das war auch nie so gedacht. Aus heutiger Sicht könnte man so formulieren: Der eigentliche Fehler, der die Menschen von Gott wegbringt, ist der Ansatz, ohne Gott wie Gott selbst sein zu wollen.
Denn anstatt sich durch die Befreiungsaktion von Jesus wieder zu Gott in seinem ewigen Reich zurückbringen zu lassen, will der Mensch es alleine schaffen und scheitert daran wie damals Luther. Nun könnte man als moderner Mensch der Aufklärung meinen, dass man mit dem Glauben an Jesus als Befreier seine Freiheit und Selbständigkeit wieder aufgeben müsste, aber das setzt ein zwar verständliches, aber falsches Gottesbild voraus. Gott ist nämlich kein Herrscher, der einem einen fremden Willen aufzwingen will.
Der Glaube an einen Gott in dreifacher Gestalt (etwas vereinfacht gesagt) macht nämlich deutlich, dass Gott schon immer Teil meines Lebens war, wodurch ich verstehen kann, dass das Beste in mir genau das ist, was Gottes Geist aus mir herausholen will. Es geht beim Glauben also nicht um Unterwerfung oder Selbstverleugnung. Und wenn Jesus sagt: „Wer an mich glaubt, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich“, dann geht es um Überwindung einer egoistischen, ja egozentrischen Sicht, wo ich mich selbst als „Nabel der Welt“ sehe, an dem sich die anderen zu orientieren haben.
Doch das alte Ego (Luther nannte es den „alten Adam“) meldet sich immer wieder zu Wort und kämpft dagegen an. Darum benötigt der Glaubende immer wieder Vergebung für sein egoistisches Verhalten. Erlösung und Vergebung haben aber nichts mit eigenem „Verdienst“ zu tun, sondern es geschieht durch Gottes Wirken in Jesus, insbesondere durch dessen Sterben und Auferstehen. Den Glauben samt guter Taten kann sich da niemand selbst zuschreiben, sondern es ist ein „reines Geschenk Gottes“.
Das passt auch uns heute nicht, da wir gewohnt sind, für unsere Leistungen Anerkennung und Lohn zu bekommen. Diese „Rechtfertigungslehre“ hilft, menschlicher zu werden. Denn der andere ist weder besser noch schlechter als ich, so wie in den Augen der Eltern keines ihrer Kinder aus deren Liebe herausfällt. Gott ist und bleibt uns Menschen in Liebe zugewandt, auch wenn wir das für uns selbst kaum so durchhalten könnten.
Seine Liebe hält unseren Egoismus „in Schach“ und leitet uns zur Nächstenliebe an.
Lied: EG 350, 1-4 Christi Blut und Gerechtigkeit
Allgemeines Kirchengebet mit Stille und Vaterunser
Lied: EG 561 Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und Segen
Gem.: Amen, Amen, Amen
