ökum. Buß- und Bettagsgottesdienst, 19.11.2025
Begrüßung
Lied: EG+ 35, 1-4 Kommt herbei, singt dem Herrn (im Wechsel: V/A)
Votum: Im Namen…
Gem.: Amen
Psalm 130 (EG 751 im Wechsel mit Gemeinde)
Aus der Tiefe rufe ich, HERR, zu dir. Herr, höre meine Stimme! Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!
Wenn du, HERR, Sünden anrechnen willst – Herr, wer wird bestehen?
Denn bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte.
Ich harre des HERRN, meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort.
Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen; mehr als die Wächter auf den Morgen hoffe Israel auf den HERRN!
Denn bei dem HERRN ist die Gnade und viel Erlösung bei ihm. Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.
Kyrie-Gebete: endend jeweils mit Herr, erbarme dich
Großer Gott, wie wenig ist uns bewusst, wie sehr wir Teil dieser Welt sind und darin verstrickt. Wir achten darauf, nicht zu kurz zu kommen und unseren Vorteil zu haben. Wenn wir eine Ahnung bekommen, wie weit wie uns von dir entfernt haben, dann rufen wir umso sehnsüchtiger aus der Tiefe heraus zu dir.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Meine engen Grenzen… (584, 1)
Ewiger Gott, du mutest uns eine Welt zu, in der die Mächtigen oft ohne Maß und Einschränkung wirken und Schwächere zu Opfern machen, die deswegen viel ertragen müssen. Wir sehen dem oft hilflos zu, was uns vor anderen und auch vor uns selbst schwach und klein erscheinen lässt, aber mitten in diesem Ausgeliefertsein erleben wir auch Halt und Geborgenheit in dir.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Meine ganze Ohnmacht… (584, 2)
Liebevoller Gott, wir sehnen uns nach deiner Liebe in einer Welt voller Angst und Einsamkeit. Du hast deine Liebe durch Jesus Christus den Jüngern und Jüngerinnen damals gezeigt, Jesus war ihnen Freund und Begleiter. Du möchtest auch in unserem Herzen erfahrbar werden und uns trösten in unserer Angst und Niedergeschlagenheit.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Mein verlornes Zutraun (584, 3)
Du Gott der Hoffnung, viele kurzsichtige Lebensentwürfe und Zukunftsversprechen strömen auf uns ein, aber kaum etwas gibt uns eine solche Perspektive wie deine Ewigkeit, wodurch unser kleines Leben in einen großen Zusammenhang hineingestellt wird. Deine Zusagen ermutigen uns durchzuhalten und uns einzubringen.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Meine tiefe Sehnsucht (584, 4)
Gnadenzuspruch vom Propheten Jesaja:
Siehe, das ist mein Knecht, den ich halte, und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Er wird das Recht unter die Heiden bringen. Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.
Gebet
Schriftlesung: Markusevangelium 10, 35-45
(Gute Nachricht)
Da gingen Jakobus und Johannes, die Söhne von Zebedäus, zu Jesus hin und sagten zu ihm: »Lehrer, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst!« »Was möchtet ihr denn?«, fragte sie Jesus. »Was soll ich für euch tun?« Sie sagten: »Wir möchten, dass du uns rechts und links neben dir sitzen lässt, wenn du deine Herrschaft angetreten hast!« Jesus sagte zu ihnen: »Ihr wisst nicht, was ihr da verlangt! Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke? Könnt ihr die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?« »Das können wir!«, sagten sie. Jesus erwiderte: »Ihr werdet tatsächlich den gleichen Kelch trinken wie ich und mit der Taufe getauft werden, die mir bevorsteht. Aber ich kann nicht darüber verfügen, wer rechts und links neben mir sitzen wird. Auf diesen Plätzen werden die sitzen, die Gott dafür bestimmt hat.« Die anderen zehn hatten das Gespräch mit angehört und ärgerten sich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus alle zwölf zu sich her und sagte: »Ihr wisst: Die Herrscher der Völker, ihre Großen, unterdrücken ihre Leute und lassen sie ihre Macht spüren. Bei euch muss es anders sein! Wer von euch groß sein will, soll euer Diener sein, und wer der Erste sein will, soll allen anderen Sklavendienste leisten. Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für alle Menschen hinzugeben.«
Lied: EG 299, 1-3 Aus tiefer Not (1. Mel.)
Predigt mit Predigttext aus Römer 2, 1-4 (Hoffnung für alle)
Aber auch ihr anderen – wer immer ihr seid – könnt euch nicht herausreden. Ihr spielt euch als Richter über alle auf, die Unrecht begehen, und sprecht euch damit euer eigenes Urteil. Denn ihr klagt bei anderen an, was ihr selbst tut. Wir wissen, dass Gott über alle, die so handeln, ein gerechtes Urteil fällen wird. Meint ihr etwa, ihr könntet dem Gericht Gottes entgehen, wo ihr doch genauso wie die handelt, die ihr verurteilt? Ist euch Gottes unendlich reiche Güte, Geduld und Treue denn so wenig wert? Seht ihr denn nicht, dass gerade diese Güte euch zur Umkehr bewegen will?
Liebe Mitchristen und Glaubensgeschwister,
ich versuche mir die Szene vorzustellen. Jesus hat gerade zum dritten Mal angekündigt, dass er leiden und sterben wird. Die beiden Brüder Jakobus und Johannes nehmen sehr ernst, was Jesus hier sagt, und bringen eine Bitte vor, die ziemlich egoistisch rüberkommt. Sie sind auch bereit, bis zum Äußersten zu gehen, und ihr Leben zu riskieren, wenn sie dafür die zwei Ehrenplätze neben Jesus zur Rechten und zur Linken im Himmel bekommen. Das erzeugt Ärger und Neid bei den anderen Jüngern.
Sie fallen in ein Konkurrenzdenken zurück. Wer ist der Erste, der Größte, der Mächtigste? Wenn schon alles untergeht, so möchte ich mir doch zumindest ein „gutes Stück vom Kuchen“ sichern, möchte nicht zu kurz kommen. Die Jünger haben alles hinter sich gelassen, um mit Jesus zu gehen. Doch Jesus kann seine Jünger hier nicht schonen und wird ihnen sehr bald auch nicht mehr helfen können. So wird er noch einmal grundsätzlich und eindringlich in seinen Worten: Macht es nicht so wie die anderen! Sie richten sich nach den Reichen, Mächtigen oder Erfolgreichen aus.
Das ist, wenn es „um Alles oder Nichts geht“, zwar naheliegend, aber am Ende doch ein „Holzweg“, der zu nichts führt. Denn die, die Macht über andere haben, denken am Ende doch nur an sich und lassen die im Stich, die sich auf sie verlassen. Jesus wird noch deutlicher: Es reicht nicht aus, gute Vorsätze zu haben. Denn oft führt das zu Frustrationen und Unzufriedenheit. Er durchschaut die Strategie der Mächtigen, die ihn unterdrücken und seinen Willen brechen wollen. Wenn es ihnen gelingt, die Verbundenheit zu den Jüngern und Jüngerinnen zu zerstören durch Angst vor Verfolgung und Gewalt, so sind sie am Ende wieder obenauf und zeigen den anderen, worauf es scheinbar doch nur ankommt, nämlich die Macht zu behalten.
Paulus führt aus, was bei Jesus als Warnung zwischen den Zeilen mitschwingt: „Ihr spielt euch als Richter über alle auf, die Unrecht begehen, und sprecht euch damit euer eigenes Urteil. Denn ihr klagt bei anderen an, was ihr selbst tut.“ Die Botschaft an seine engsten Vertrauten ist, nicht auf sich oder die eigene Macht oder Überlegenheit zu vertrauen, sondern sich ganz von Gottes Wesen und Macht her abhängig zu machen, nämlich auf die Macht der Wahrheit und Liebe zu setzen, wie es Jesus selbst praktiziert hat.
Nur in dieser Abhängigkeit erwächst die innere Freiheit, sich dem Sog der irdisch Mächtigen zu entziehen und uneigennützig den Mitmenschen wie (wörtlich) „Sklaven“ zu dienen. Genau dafür steht Jesus ein, wie er selbst formuliert: „Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für alle Menschen hinzugeben.“
Wenn ich das Gesagte auf heute übertrage, so wird mir bewusst, dass es nicht reicht, die Mächtigen zu kritisieren, wie wir es in einer demokratischen Gesellschaft tun dürfen. Die vermeintliche, moralische Überlegenheit lenkt davon ab, dass wir es wahrscheinlich gar nicht besser machen würden, wenn wir die Macht ausüben könnten. Denn wenn wir uns ebenso an irdischen Idealen wie Erfolg, Reichtum oder Stärke ausrichten, dann lassen wir uns von den Maßstäben dieser Welt bestimmen wie diejenigen, die wir kritisieren oder gar verurteilen. Paulus hat Recht: „Meint ihr etwa, ihr könntet dem Gericht Gottes entgehen, wo ihr doch genauso wie die handelt, die ihr verurteilt?
Ist euch Gottes unendlich reiche Güte, Geduld und Treue denn so wenig wert? Seht ihr denn nicht, dass gerade diese Güte euch zur Umkehr bewegen will?“ Es ist viel schwerer, sich selbst ungeschminkt ehrlich anzusehen als andere zu kritisieren. Wie viel angenehmer ist es, einen „Schuldigen“ zu suchen, der dann als „Sündenbock“ herhalten muss. Es ist nötig, aus dieser bequemen Zuschauer- und Richterrolle herauszukommen, um den mühsamen Dienst am Nächsten, den Jesus vorgelebt hat, einzuüben.
Das mag nicht viel „Lohn“ einbringen. Man gewinnt keine hohen Ämter und wird auch nicht gut bezahlt. Aber wenn man merkt, wie es anderen Menschen Hoffnung macht, daran zu glauben, dass nicht alle bloß aus Eigennutz handeln, so hat das eine wichtige Signalwirkung. Und da es darüber hinaus um ewige, göttliche Macht und Wahrheiten geht, wird sich am Ende zeigen, dass es sich doch lohnt, daran gegen den Augenschein festzuhalten. Wer meint, Gottes Urteil zu entgehen, verkennt die Macht Gottes von seiner Ewigkeit her.
Der Mensch schaut lediglich auf den schmalen Zeitabschnitt des irdischen Lebens, in dem er gerade steckt, aber vor der Zeit war die Ewigkeit, aus der die Zeit entspringt, und am Ende aller Zeit greift wieder die unbegrenzte Ewigkeit Gottes. Eine sehr geringe Zeit hat der Mensch selbst die Macht, aber er wird sich dafür verantworten. Darum hat Jesus aus der Perspektive Gottes her Recht. Denn wir Menschen leben von Gottes Geduld und Güte. Es ist gerade die Güte Gottes, die aus seiner Liebe entspringt, welche uns die Zeit eröffnet, umzukehren und uns neu auf ihn auszurichten.
Man sollte diese Geduld nicht als Gleichgültigkeit oder Abwesenheit Gottes missdeuten. Der heutige Buß- und Bettag kann eine Erinnerung daran sein, auf Jesus und seine Haltung und Lebenssicht zu setzen, und sein Leben danach neu auszurichten.
Lied: EG 552, 1-3 Einer ist unser Leben
Fürbitten mit Vaterunser
Christus, du Freund und Meister des Lebens. Dein eigenes Leben endete nicht spurlos in der Geschichte – im Gegenteil: Du hast viele Generationen von Glaubenden zum Leben erweckt, die dir vertrauten bis in den Tod hinein, und auch wir vertrauen dir und deinen Vorgaben und versuchen danach zu leben. Hilf uns, dir zu folgen!
Christus, erbarme dich!
Gem.: Christus, erbarme dich!
Himmlischer Vater, du hast diese Welt wunderbar geschaffen, und wir erkennen unseren Platz darin. Aber wir dürfen nicht nur an uns selbst denken, sondern müssen danach streben, den Lebensraum von allen Geschöpfen zu respektieren und auch die Nöte derer, die nicht so gute Lebensbedingungen haben wie wir.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Herr, erbarme dich!
Gütiger Herr, wir müssen oft enttäuscht feststellen, dass die Mächtigen dieser Welt ihre Macht nicht zum Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen, sondern nur an sich und ihre eigenen Leute denken. Die Mittel von Einschüchterung und Angstmache wirken auch heute, und es fällt vielen schwer, sich dem entgegenzustellen.
Herr, erbarme dich!
Gem.: Herr, erbarme dich!
Jesus, wir schauen auf unser eigenes Leben und entdecken dabei, wie oft wir den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Es ist bequem für uns, aber wir haben kein gutes Gefühl dabei. Du hast damals deine Jünger ermahnt, und ermahnst auch uns heute wie sie, unser Vertrauen auf Gott allein zu setzen und den Weg der Liebe und des Friedens zu gehen.
Christus, erbarme dich!
Gem.: Christus, erbarme dich!
Vaterunser
Schlusslied: EG 421 Verleih uns Frieden gnädiglich
Segen
Orgelnachspiel
