Predigt aus der Predigtreihe zu den 8 Leitwerten am 04.10.2015 von Markus Fischer anlässlich des "ökumenischen" Winzerfestgottesdienstes
„Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
(Apg 2,42)
"Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!" So schreibt es der Apostel Paulus vor rund 2.000 Jahre den Christen in Philippi. Das 90. Winzerfest und unser ökumenischer Gottesdienst anlässlich dieses Festtag laden dazu ein, über dieses Wort nachzudenken: "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!"
Das steht für Paulus fest: Wir haben Grund, uns zu freuen. Haben wir doch einen Herrn, der es gut mit uns meint. Gerade an einem Fest wie dem Braubacher Winzerfest spüren wir, wie Gott unser Leben segnet:
Viele Menschen zieht es an diesen Tagen aus ihren Häusern auf den Marktplatz und an die Weinstände unserer Winzer. Gäste aus nah und fern werden erwartet, wenn am Mittag der Festumzug mit Bacchus und Weinkönigin samt Gefolge durch die Straßen und Gassen unserer schönen Altstadt zieht. Freuen wir uns darüber, dass wir mitfeiern dürfen.
Auch wir katholische und evangelische Christen haben Grund zur Freude. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass wir diesen Festgottesdienst ökumenisch feiern dürfen. Früher wäre es schwer gewesen standen sich doch katholische und evangelische Christen distanziert und oft genug sogar feindselig gegenüber. Beim Winzerfest ist es aber heute –wie auch in unserer ökumenischen Gemeinschaft –so, als ob sich eine große Familie zu einer Feier zusammengefunden hat. Darum: "Freuet euch in dem Herrn allewege".
Viele Helfer bringen sich bei der Vorbereitung dieses Fests ein. Mit ihrem großartigen Einsatz tragen sie dazu bei, dass das Winzerfest gelingt. Bei gutem Essen und edlem Wein genießen wir mit unseren Gästen schöne, unbeschwerte Stunden. Wir freuen uns über tolles Wetter und die gute Gemeinschaft hier im Ort. Das alles ist ein Geschenk unseres Schöpfers. Nicht nur unser Leben, auch diese schönen Stunden in unserem Leben und die gute Gemeinschaft untereinander sind eine Gottesgabe, für die wir dankbar sein können.
Dankbarkeit und Freude empfinden wir Deutschen auch, wenn wir uns an den 3. Oktober 1990 erinnern. Viele von uns denken dabei an den Klang der Freiheitsglocke, an Freudentränen am Brandenburger Tor, ja: an großes Glück. Auch nach 25 Jahren bleibt es ein Wunder, dass die Einheit Deutschlands ohne einen Schuss, ohne Blutvergießen erreicht wurde. Auch dafür dürfen wir Gott dankbar sein. Auch darüber dürfen wir uns freuen.
"Freuet euch in dem Herrn allewege", sagt Paulus den Christen in Philippi, und er fährt fort: "Eure Güte lasst kund sein allen Menschen!". Machen wir dieses Weinfest zu einem Fest der Freude im Sinne des Apostels:
Begegnen wir einander in Güte und Herzlichkeit. Gehen wir miteinander liebevoll um. In einem Kirchenlied heißt es: "Liebe ist nicht nur ein Wort. Liebe, das sind Worte und Taten." Setzen wir also Zeichen der Liebe. Seien wir freundlich zueinander und hilfsbereit. Machen wir deutlich, dass uns auch das Wohlergehen der anderen am Herzen liegt. Auch derjenigen, die aus Ländern mit Krieg und Unterdrückung Zuflucht bei uns suchen. Heißen wir sie willkommen. Lassen Sie uns gemeinsam mit ihnen feiern. Dann wird das Braubacher Winzerfest zu einem Fest, bei dem es Freude macht, dabei zu sein.
Freuen wir uns heute nicht zuletzt über den, der nicht nur an diesem Tag, sondern an allen Tagen bei uns ist. "Der Herr ist nahe", sagt Paulus im Anschluss an unser Predigtwort. Das ist für Paulus der Grund, warum wir Christen uns alle freuen dürfen. Auch die unter uns, die Kummer haben. Auch die unter uns, die mit Sorgen hergekommen sind. Gott ist uns nahe. Er ist es an den Tagen, an denen die Sonne in unserem Leben scheint, und er ist es an den Tagen, an denen es dunkel wird.
Solche Tage durchlebt der Apostel gerade. Er ist im Gefängnis; inhaftiert, weil er die Sache Jesu Christi vertritt. Und er muss mit dem Schlimmsten rechnen: Mit der Möglichkeit, als Märtyrer zu sterben. Die Mitchristen, an die er schreibt, werden ebenfalls wegen ihres Glaubens angegriffen.
Seine eigene Situation und die der Mitchristen in Philippi gäben eher Anlass zur Klage denn zur Freude. Doch Paulus schreibt: "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!" Woher nimmt er die Kraft zu dieser Lebenseinstellung? Die Antwort, die er uns im Philipperbrief gibt, lautet: Er gewinnt sie aus seinem Gottvertrauen.
Der Apostel lebt in dem Glauben: Gott verlässt die nicht, die ihm vertrauen. Er reiht sich damit ein in die lange Kette der Zeugen, die das schon vor ihm geglaubt und erfahren haben. So zum Beispiel der Beter des 34. Psalms. Er bekennt: "Als ich den Herrn suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht. Die auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude." (Ps. 34, 5f). Und das gilt auch heute noch –nach mehr als zwei Tausend Jahren.
Dennoch mag der eine oder andere unter uns jetzt denken: "Wenn das nur so einfach wäre mit der Freude". Ich möchte mich so gerne mitfreuen, aber ich kann es nicht. Die Sorgen, die ich zurzeit habe, lassen erst gar keine Freude aufkommen".
Das ist wahr: Sorgen können die Freude am Leben regelrecht auffressen. Unsere Ängste ebenso. Nicht ohne Grund wird uns im ersten Petrusbrief der gute Rat gegeben: "Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch!" (1. Petr. 5, 7). Gemeint ist: Gebt eure Sorge und Angst ab an Gott. Vertraut ihm all das an, womit ihr nicht fertig werdet.
Warum nicht heute damit beginnen? So schwer es uns manchmal auch fallen mag, nehmen wir Gott doch beim Wort. Versuchen wir es immer wieder. Übergeben wir ihm all das, was unsere Lebensfreude verdunkelt. Und sagen wir uns: "Das ist jetzt seine Sache". Wer das praktiziert, erfährt, wie das befreit, wie das froh macht.
"Freuet euch in dem Herrn allewege". Freude im Herrn, das ist nicht etwa eine weinselige Freude, wie wir sie vielleicht beim Winzerfest erleben. Freude im Herrn, das ist Freude über all das, was wir in ihm und durch ihn sind und noch sein werden. Freude im Herrn, das ist Freude über all das, was wir aus ihm und von ihm haben und noch haben werden. Freude im Herrn, das ist Freude über all das, was wir bei ihm und mit ihm erleben können und noch erleben dürfen.
Die Freude, von der Paulus spricht, soll uns nicht nur heute oder am Winzerfest, sie soll uns auch morgen und übermorgen noch begleiten. Sie soll zu unserem ständigen Wegbeleiter werden. Sie soll uns auch dann noch begleiten, wenn unser Leben hier auf dieser Welt einmal zu Ende geht.
Die Lebensgemeinschaft mit Gott ist eine zutiefst frohe Angelegenheit. So sagt es schon lange vor Paulus der Beter des 16. Psalms. Er stellt in seinem Dankgebet fest:"Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich" (Ps. 16, 11).
Wie ein roter Faden zieht sich durch unsere Bibel das Bekenntnis: Der Glaube an Gott macht uns zu frohen Menschen. Er bringt Freude in unser eigenes Leben. Er bringt durch uns auch Freude in das Leben anderer Menschen. Er bringt nicht zuletzt auch Freude in unsere Beziehung zu Gott.
Ich schließe mit einer Feststellung des Theologen Eberhard Jüngel: „Sich selber freuen zu können, das ist (ein) Glück. (...) Für andere Menschen ein Anlass zur Freude zu sein, das ist schon mehr als nur Glück. Jedoch für Gott ein Anlass zur Freude zu sein, das ist Seligkeit.“
Ich wünsche uns allen, dass uns diese glückselige Freude an den beiden noch vor uns liegenden Winzerfesttagen begleitet. Ich wünsche uns, dass diese Freude auch danach bleibt und unser ganzes Leben bestimmt. Und ich wünsche uns, dass wir diese Freude nicht für uns behalten, sondern weitergeben an andere Menschen. Darum: "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!"