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Die Texte und Fotos beruhen auf der "Besonderen Lernleistung - Geschichtsrezeption im digitalen Zeitalter: histocaching" als neue Form der Vergangenheitsbegegnung am Beispiel der Braubacher Barbarakirche." von Tobias Metz.
Für Nachfragen und detaillierte Auskünfte wenden Sie sich bitte, über das Gemeindebüro, an Tobias Metz.

Altäre und Altarkreuz

Die Barbarakirche hatte drei Altäre. Mit der Vikarie der neuen „Sanct Barbelenn“ von 1407 ist die Barbarakirche der hl. Barbara ausgewiesen, die auch im 16. Jahrhundert als Patronin des Hochalters bezeugt ist. Die hl. Barbara, deren Hilfe man sich gegen Unwetter und Feuergefahr wünschte, gehörte ebenso wie die hl. Katharina, der hier der zweite Altar geweiht war, zu den 14 Nothelfern. Dabei galt Katharina als besondere Patronin der Schule. Der dritte Altar war St. Nikolaus, dem Patron der Flussschiffer, Kaufleute und Anwohner der Flüsse, geweiht. Der Altar St. Barbara war noch 1526 bezeugt und der Altar St. Nikolaus 1532. Außerdem soll vor 1478 ein Marienaltar existiert haben.

Das in Teilen noch vorhandene Altarretabel (Abb. 162-168, 194) wurde 1672/73 erbaut. Vermutlich haben unbekannte Spender das Altarretabel der Kirche geschenkt. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt waren Altarretabel höchst selten. Es gab nur 7 Stück, heute steht davon nur noch eines, ein weiteres ist im Museum gelandet, das dritte noch existente ist das in der Barbarakirche.
Auf der Predella, direkt über der Altarmensa (Altarplatte), ist eine Darstellung des letzten Abendmahls zu sehen. Sie wird auf der linken Seite von einem Abendmahlskelch und Brot und auf der rechten Seite von dem Pelikan, der sich ein Loch in die Brust bohrt, eingerahmt. In den Seitenteilen sind die vier Evangelisten dargestellt. Darüber befindet sich in der Aedicula (Mittelstück) das Hauptbildwerk mit der Kreuzigung von Jesus Christus auf Golgatha. Außerhalb der Aedicula befand sich auf der linken Seite die Figur von Moses mit den Gesetzestafeln. Bei näherem Hinsehen erkennt man, dass Mose zwei Hörner hat. Die Darstellung des Moses mit Hörnern in manchen älteren christlichen Kunstwerken der Westkirche geht auf die Übersetzung des hebräischen Verbs qaran in der Vulgata mit cornuta (gehörnt) statt coronata (strahlend) zurück.  Auf der rechten Seite befand sich Aaron, der die Kleidung des Hohepriesters trägt und ein Rauchfass in der Hand hat. Auf seinem Brustschild befinden sich 12 Edelsteine, die auf die 12 Stämme Israels hindeuten.
Über dem Hauptbild war das Wappen von Landgraf Philipp I., (Abb. 169) der 1526 in seinem Herrschaftsgebiet die Reformation einführte, angebracht. Es war Ausdruck seiner Leitungsgewalt über das evangelische Kirchenwesen in seinem Territorium. Das Wappen in dieser Größe und an dieser Stelle, direkt unter dem auferstandenen Christus, war eine Besonderheit. Jesus Christus wird hier als Erlöser der Welt mit Siegesfahne dargestellt. Er steht auf einer Schlange und zertritt ihren Kopf und überwindet das Böse (1. Mose 3,15). Unter der Schlange konnte man die Weltkugel erkennen. Zwischen Wappen und Aedicula befanden sich außerdem zwei Engelsköpfe.

1875 brachte man das Altarretabel in die Martinskapelle, wo 1919, nach dem ersten Weltkrieg, das Kruzifix und die beiden Engelsköpfe gestohlen wurden.

1945 brachte man, nach dem Verlust weiterer Teilstücke, das Retabel in die Markuskirche.

Bei der Renovierung 1967/70 wurde das Retabel zerlegt. Das Gehäuse hängt heute an der Nordwand des Chores. Das Wappen ziert die Westempore. Die drei Figuren stehen im Chorbogen auf einem Balken. Da die Siegesfahne nicht mehr vorhanden war, erhielt die Christusfigur ein einfaches Holzkreuz.

Die Figuren wurden im Rahmen der Renovierung 2019/21 restauriert. Die Mosefigur erhält im Sommer 2022 einen neuen Stab. (Abb. 170-173)

Der heutige Altar (Abb. 174) besteht aus einer Aufmauerung die bei der Renovierung 1967/70 erstellt und mit einer Quadermalerei verziert wurde. Die Altarplatte entdeckte man bei den Grabungsarbeiten für die Fußbodenheizung im Boden vor oder im Chorraum. Das eiserne Kreuz auf dem Altar war ursprünglich das alte Turmkreuz der Steedener Kirche und wurde 1976 gestiftet. Nachdem die äußeren Teile korrodiert und abgefallen waren blieb nur noch der Mittelstab übrig. 1997 wurde das Kreuz von zwei Gemeindegliedern wieder hergestellt.

Chor

Wie jede mittelalterliche Kirche, hat auch die Barbarakirche einen Chor (Abb. 3), der 1263 zeitgleich mit dem Schiff gebaut wurde. Die Südseite des Chores (Abb. 5) ist noch im bauzeitlichen Zustand erhalten. Die fensterlose Nordseite (Abb. 4) ist modern gestaltet. Die Runddienste (runde Säulen an den Wänden) (Abb. 7) mit ihren einfachen Sockeln und Kapitellen wirken sehr romanisch, was eine Bauzeit um 1260 bestätigt.  
Das Chordach war früher viel tiefer als heute gelegen. Am Ostgiebel des Schiffes zeugt noch ein Anschlag davon (Abb. 10).

Die obere Hälfte des Chores stammt sicher nicht aus der Zeit um 1263. Der Chor wird heute von einem Kreuzrippengewölbe getragen (Abb. 14). Drei Eichenholzproben aus dem heutigen Chordach stammen aus dem Jahr 1520, welches daher als Erbauungsjahr des oberen Chorabschnittes gilt.

Im oberen Teil des Chores befinden sich spätgotische Maßwerkfenster (Abb. 11). Aus einem dieser Fenster stammt die heute noch erhaltene Madonna (Abb. 12), die in einer Festverglasung auf der Südseite des Schiffes zu sehen ist.

Die Chorbogenlaibungen (Abb. 8+9), die auch von 1263 stammen, waren mit einer frühgotischen hellgrauen Quaderung mit roten Trennlinien verziert (Abb.13). Im 14. Jahrhundert wurde diese in ihrer zweiten Bemalungsphase neugestaltet. Die Malerei zeigt das Gleichnis der klugen und törichten Jungfrauen (Matth. 25,1-13).

Bereits 1897 wurden der Chor, sowie die Sakristei und der Turm zu wertvollen Baudenkmälern erklärt.

Die heute sichtbare Farbigkeit des Chores stammt von einer Renovierung im Jahr 1970. Die Malereien wurden den mittelalterlichen nachempfunden. Auch die Fenster wurden neu verglast, der Boden gefliest, und eine Abtrennung (heute nur noch Trennbalken zu sehen) in den Chorbogen eingebaut.

Bei diesen Bauarbeiten fand man die gotische Altarplatte, die sich seitdem auf dem Altar an der Ostwand befindet, sowie mehrere Grabplatten, die man in die Wände einließ.
Auf dem Trennbalken im Chorbogen stehen seit dieser Zeit die Figuren Mose, Jesus und Aaron, die aus dem Altar, der heute an der Nordwand hängt, stammen.

Leider waren die Arbeiten der 70er Jahre nicht alle gut für die Kirche. So musste 2019 der Putz vom Boden aus bis zu einer Höhe von 40 cm entfernt werden. Dies wurde erforderlich, da in den 70ern ein Sperrputz zum Schutz vor Hochwasser aufgetragen wurde. Durch diesen Putz stieg Feuchtigkeit aus dem Boden bis 2 m Höhe in den Wänden hoch. Durch den nun offenen Sockel kann das Wasser verdunsten und der Wassersog ist unterbrochen.  
 

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