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Die Texte und Fotos beruhen auf der "Besonderen Lernleistung - Geschichtsrezeption im digitalen Zeitalter: histocaching" als neue Form der Vergangenheitsbegegnung am Beispiel der Braubacher Barbarakirche." von Tobias Metz.
Für Nachfragen und detaillierte Auskünfte wenden Sie sich bitte, über das Gemeindebüro, an Tobias Metz.

Kanzel und Taufbecken

Ob von Anfang an eine Kanzel in der Kirche vorhanden war, ist nicht dokumentiert. In den Jahren 1672/73 erhielt die Kirche eine neue Kanzel aus Tannenholz mit Nussbaumeinlegearbeit. Sie befand sich auf der Nordseite im Chorbogen, was äußerst ungewöhnlich ist. An der Kanzel brachte man ein altes Christusbild an. Dieses alte Gemälde war noch 1779 an der Kanzel vorhanden. Auf dem Schalldeckel der Kanzel befand sich, wie vielerorts, ein weiblicher Pelikan, der sich nach alter Sage in äußerster Todesgefahr, wenn er kein Futter mehr für die Jungtiere findet, die Brust aufreißt und mit seinem Herzblut ihre Jungen ernährt. So ist der Pelikan Symbol für Christus, der sich sein Herz durch den Speer des Soldaten öffnen lässt, um uns durch seinen Tod das Leben zu schenken.  Dieser Pelikan ist heute noch, bis auf die Flügel und die Jungtiere, erhalten.

1923 wurde die Kanzel durch die französischen Besatzer zertrümmert und 1928 endgültig entfernt. (Abb. 151, 202-203)

In der Barbarakirche befand sich ein spätgotischer, achteckiger Taufstein, mit prismatischem Schaft und acht Rundbögen mit Nasen am Becken. 1901 wurde der Taufstein in die neugebaute Markuskirche gebracht, wo er heute noch verwendet wird. (Abb. 153)

Kirchenschiff

Das 13 x 10 m große und 7 m hohe Schiff der Barbarakirche (Abb. 30+31) wurde gleichzeitig mit dem Chor 1263/64 gebaut. Die Kirche wurde einheitlich als Neubau außerhalb des damaligen befestigten Siedlungskerns, 12 Jahre vor Verleihung der Stadtrechte, gebaut. Zwei Tannenholzproben aus dem Dachstuhl, dessen Bauzeit auf 1265/66 datiert wird, belegen dies.

Die Nordwand (Richtung Lahnstein) (Abb. 32), die Südwand (Richtung Osterspai) (Abb. 33) bis zur heutigen Innentür, die Ostwand und einige Teile der Westwand (Richtung Rhein) sind noch original. Das Kirchenschiff hatte zu Beginn eine rechteckige Form, ohne Turm und ohne den südwestlichen Bereich neben dem Turm (heute Toiletten und Treppenhaus).

Die obere Fensterreihe in der Nordwand stammt aus der Erbauungszeit. Es handelt sich dabei um drei frühgotische Spitzbogenfenster. Dieselben Fenster befanden sich auch in der Südwand, wurden aber nachträglich vergrößert. Im Westgiebel befand sich ein 1 m hohes Schlitzfenster, vor das später der Turm gemauert wurde (Abb. 35).

Der Eingang zur Kirche befand sich in der Südwand. Die Spitzbogenöffnung ist heute verglast. (Abb. 36) Dort befindet sich jetzt die Renaissance-Madonna aus einem alten Chorfenster. Dieser gotische Eingang war durch eine zweiflügelige Holztür verschlossen, die heute im Dachstuhl des Schiffes zu sehen ist. (Abb. 37)
Die Außenwände aus Bruchstein waren seit jeher verputzt.  
Die Innenwände des Kirchenschiffs waren malerisch gestaltet. (Abb. 38) Die älteste in Fragmenten erhaltene Malerei ist ein Rankenfries, schwarz auf weißem Grund, auf der Westwand unterhalb der Balkendecke. Dies gibt Aufschluss darüber, dass die Decke bereits zur Bauzeit auf heutiger Höhe lag.

Weitere originale Bemalungen findet man an den Fensterlaibungen der Nord- und Südwand (gelb/orange), sowie die Darstellung zweier fast lebensgroßer Personen zwischen zwei Fenstern der Südwand. (Abb. 39) Durch die Vergrößerung der Fenster im Barock, wurde die Malerei rechts und links „abgeschnitten“. Die linke Figur stellt höchstwahrscheinlich Jesus Christus als Auferstandener mit Buch und Siegesfahne dar, die rechte Johannes der Täufer, der einen Stab mit einer Muschel in der Hand hält.

Die frühere Decke bestand aus ungewöhnlich hohen rechteckigen Deckenbalken (15 cm breit, 50 cm hoch) auf denen Holzbretter aufgelegt waren. Durch den großen Querschnitt überspannten die Deckenbalken den 10 m breiten Raum ursprünglich ohne jegliche Unterstützung.

Mit Landgraf Philipp I. von Hessen der in seiner Landgrafschaft, zu der auch Braubach gehörte, die Reformation einführte, stieg die Zahl der Kirchenbesucher stark an. Sein Sohn Landgraf Philipp II. baute deshalb 1580/81 im Schiff der Kirche zweigeschossige Emporen ein.

Die untere Empore erstreckte sich über die komplette Nord-, West-, und Südwand. Dies war eine Besonderheit, denn erstmals in Hessen-Darmstadt erhielt eine Kirche an beiden Längswänden Emporen, was wegen der Kanzelstellung am Chorbogen ungewöhnlich ist.
Die oberen Emporen nahmen nur zwei drittel der Tiefe der unteren ein und befanden sich auf der westlichen Hälfte der Nordwand sowie der nördlichen Hälfte der Westwand.
Sie wurden im Rahmen einer Renovierung im Jahr 1928 entfernt.
 
Die Emporen zeigen an den Stützen reiches Schnitzwerk (Abb. 41-43), eine Emporenstütze an der Südwand trägt die Inschrift: V D M I AE.1580, Verbum domini manet in aeternum, d. h. „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit“ (1. Petr. 25). (Abb. 40)

Auf dem östlichen Teil der Nordempore stand die erste erwähnte Orgel. (Abb. 45) Sie wurde von der verwitweten Landgräfin Anna Elisabeth von Hessen (Frau von Landgraf Philipp II) gestiftet. Zu diesem Anlass wurde auf der Nordwand, hinter der Orgel, ein Wandgemälde angefertigt. (Abb. 46) Hierauf kann man erkennen, dass die Stiftung vermutlich im Jahre 1898 erfolgte.

Zur selben Zeit wie der Einbau der Emporen, wurde eine neue Decke im Schiff eingezogen.
Die Holzbretterdecke wurde entfernt und durch Lehmwickel ersetzt. Da auch zusätzliche neue Balken das Gewicht der Lehmwickel nicht tragen konnten, wurde ein Hängesprengbund (Abb. 48) in der Mitte des Dachraums eingebaut. Dieser umschließt den reich beschnitzten Mittellängsunterzug (Längsbalken in der Mitte der Decke) (Abb. 50) zangenartig. Das Tannenholz dieser Konstruktion wurde auf das Jahr 1578 datiert.

Im Barock wurden die Fenster der Südseite vergrößert. Dies stützt sich auf die schwarz-weiße Quaderung der Fensterumrahmungsmalerei. Außerdem ist gut zu erkennen, dass frühere Fenster einen Stichbogen hatten, der der Renaissance zuzuordnen ist. Im Barock wurden rechteckige Fenster eingebaut und die Stichbogen zugemauert. Vermutlich wurden auch im Barock die Fenster im Erdgeschoss eingebaut: in der Nordwand zwei kleinere Fenster mit Stichbogen, in der Südwand zwei kleine rechteckige Fenster (Abb. 51). Außerdem ein Stichbogen-Fenster auf Höhe des Treppenpodestes des Emporenaufganges.

Für das dunkle Schiff gewann man 1678 bei einer kleinen Erweiterung nach Südwesten durch ein Fenster zur Rheinseite mehr Licht. Diese Erweiterung umfasst das heutige Treppenhaus sowie die Toiletten. In dem neu geschaffenen Raum erweiterte man den Fußboden auf der Höhe der unteren Emporen und baute zusätzlich eine weitere Empore darüber ein. Wahrscheinlich wurde auch in dieser Zeit das Brüstungsgeländer der Westempore  durch geschlossene Elemente ersetzt.

Erst 1926-29 wurden wieder größere Veränderungen am Kirchenschiff vorgenommen, da man die Kirche zum Gemeindehaus umbaute. Die oberen Emporen und die Reste der Orgel wurden entfernt. Das Brüstungsgeländer im Bereich der Orgel wurde ergänzt. (Abb. 52) Auf der unteren Empore wurden Stufen angelegt und neue Sitze montiert. Die Eingangstür erhielt einen Windfang. Die nachträgliche Erweiterung des Schiffes wurde mit einer Wand vom Schiff getrennt und im 1. OG und Erdgeschoss 2-flügelige Türen eingebaut.

Der letzte große Umbau zum Gemeindehaus fand in den Jahren 1967-70 statt. Hierbei versah man den bisherigen Eingang mit einer Festverglasung, in die die neu restaurierte Renaissance-Madonna aus einem Chorfenster integriert wurde, und entfernte die davor liegenden Treppenstufen. Auf die 1690 im Barock mit Stuck versehene Decke wurde eine Holzdecke mit Bemalung im Sinne der früheren Renaissancedecke aufgebracht. Sämtliche Bemalungen und Schnitzereien legte man frei und ergänzte sie teilweise. Die Emporen wurden in ihrer ursprünglichen Farbigkeit von 1580 restauriert. Die ursprünglichen grauen Steinplatten im Fußboden entfernte man zum größten Teil, baute eine Fußbodenheizung ein und verlegte neue Terrakottafliesen. Bei diesen Arbeiten entdeckte und barg man zwei Grabplatten und die gotische Altarplatte.

Bis auf die Außenseite der Nordwand, brachte man auf alle anderen Wände einen wasserundurchlässigen Sperrputz auf, der die Kirche vor Hochwasserschäden schützen sollte. Die Außentreppe an der Südseite, die in die 1. Etage des Schiffsanbaus führte, wurde abgerissen. Hierfür wurde ein neuer ebenerdiger Eingang an der Südseite der Schiffserweiterung gebrochen (Abb. 55). Zur Barbarastraße hin wurde eine Treppe gebaut und danach an den Mauerrest der früheren Stadtmauer ein Torbogen angelegt (Abb. 56).

Auf die Westseite der Erweiterung baute man im Erdgeschoss eine Damen- und direkt darüber im 1. OG eine Herrentoilette ein und passte die Fenster entsprechend an. Zur Erschließung der einzelnen Geschosse wurde eine Stahlbetonspindeltreppe (Abb. 57) in die Nord-Ost-Ecke der Erweiterung gebaut.

Bei der Außensanierung 2020/21 stellte man fest, dass durch den wasserundurchlässigen Sperrputz in den Wänden ein Sog entstanden war, der das Grundwasser bis weit über einen Meter hoch in die Wände zog. Der Außenputz wurde vollständig entfernt und durch einen atmungsaktiven Spezialputz ersetzt. An den Innenwänden wurde der Putz in Höhe von ca. 40 cm entfernt, sodass in den nächsten Jahrzehnten die Mauern austrocknen können.

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